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Hamann
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Wenn ich auch so beredt wäre wie Demosthenes [bedeutendster griechischer Redner, 384-322 v.Chr.], so würde ich doch nicht mehr als ein einziges Wort dreimal wiederholen müssen. Vernunft ist Sprache LOGOS; an diesem Markknochen nag ich und werde mich zu Tod drüber nagen.

 

 

 

 

 


Wenn unsere Vorstellungen sich nach dem Gesichtspunkt der Seele richten und dieser nach vieler Meinung durch die Lage des Körpers bestimmt wird; so lässt sich ein gleiches auf den Körper eines ganzen Volkes anwenden. Die Lineamente ihrer Sprache werden also mit der Richtung ihrer Denkungsart korrespondieren; und jedes Volk offenbart selbige durch die Natur, Form, Gesetze und Sitten ihrer Reden eben so gut als durch ihre äußerliche Bildung und durch ein Schauspiel öffentlicher Handlungen.
JGH Versuch über eine akademische Frage

SCHERFLEIN Vorträge

Donnerstag, 04. November 2010, 20:00 Uhr
Aula des Bistumsarchivs, Georgskommende 19, 4813 Münster, Eintritt 12 Euro


GRUSSWORT
Dr. Andrea Hanke
Beigeordnete für Bildung, Familie, Jugend, Kultur und Sport der Stadt Münster




Ohne Wort, keine Vernunft – keine Welt.
Der sprachgläubige "Magus"

Dr. Susanne Schulte, Literaturwissenschaflerin
Geschäftsführerin der GWK


Sprache ist das Lebensproblem Johann Georg Hamanns, des "Magus in Norden". Sein Sprachbekenntnis ist ein Glaubensbekenntnis, es gibt den 1. Magus Tagen Münster Überschrift und Thema: "Ohne Wort, keine Vernunft – keine Welt". Die Formel, die Hamanns Sprachdenken auf den Punkt bringt, entstammt seinem Brief an Friedrich Heinrich Jacobi vom 2. November 1783. Hamann, der stotterte, war Sprachdenker, "Philologe", Liebhaber des Wortes durch und durch, allerdings als protestantischer Christ. Damit stand er fest im Barock; sein Sprachbegriff ist ohne die religiöse Begründung nicht zu denken. Doch gerade aus seinem Glauben heraus, der den Körper und die Welt als Schöpfung offensiv bejaht, und in Frontstellung zur Aufklärung seiner Zeit kommt er zu Überlegungen, die auf die moderne Sprachphilosophie und -wissenschaft vorausweisen. Hamann, der ein Bekehrungserlebnis in London hatte, das ihn vorm psychischen Abgrund und aus einer tiefen Depression rettete, war Protestant, jedoch bejahte er den Leib, Genuss und Sinnlichkeit, die Welt. Hamann ist gläubig und ein Sprachgläubiger als Logos- und Schöpfungsgläubiger. Danach hat das göttliche Wort die Welt erschaffen und es erhält sie, jedes Wesen ist in seinem Kern Sprache ("Natursprache"). Ein Sprachgläubiger als Christ: das göttliche Wort ist Fleisch geworden, Materie; durch Christus ist es Grund der menschlichen Sprache und Vernunft. Nur, weil es Sprache gibt, ist menschliche Vernunft möglich.
Im Ausgang von Hamann, mit ihm und zugleich gegen ihn, reflektieren die 1. Magus Tage Münster den Zusammenhang von Sprache und Vernunft, Sprechen und Denken im Kontext der natur- und geisteswissenschaftlichen Forschung und der Literatur unserer Zeit. Im Vordergrund der interdisziplinären Auseinandersetzung steht die Hypothese, dass die Sprache das Denken bestimmt.



Weltansichten oder Zeichen
Prof. Dr. Jürgen Trabant, Sprachwissenschaftler
"Weisheitsprofessor", Lehrstuhl für Europäische Mehrsprachigkeit an der Jacobs University Bremen

Wie Denken und Sprechen zusammenhängen, ist eine höchst umstrittene Frage. Eine alte europäische Tradition hält Sprache nur für ein Verfahren zur Mitteilung sprachunabhängig erzeugter Gedanken. Die Sprachen sind folglich gleichgültige materielle Mittel zur Mitteilung, sind Zeichen. Die modernere Auffassung hingegen – und Hamann ist einer ihrer Gründerväter – hat die Abhängigkeit des Denkens von der Sprache entdeckt. Jede Sprache vermittelt eine Weltansicht. Allerdings hält sich die ‚alte’ Auffassung noch in einem neuen Universalismus, der Sprache zwar als Denken fasst, aber keine besonderen Weltansichten mehr in den Einzelsprachen zu erkennen vermag. Jürgen Trabant skizziert in seinem Vortrag, was es mit dem Zusammenhang von Sprechen und Denken auf sich hat und welche, auch politischen Konsequenzen die verschiedenen Auffassungen für unsere Haltung gegenüber den Sprachen haben.



NÄSCHEREY
Musik

Annika Treutler, Klavier
Johann Sebastian Bach: Goldberg-Variationen (Auszug)


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