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SCHERFLEIN Vorträge
Samstag, 06. November 2010, 20:00 Uhr
Die
Verkörperung des Denkens als Nachahmung des Unsichtbaren
Hamann hat wie wenige andere den Doppelcharakter der Sprache akzentuiert. Sich in sprachlicher Gestalt zu zeigen, bedeutet zweierlei: einen Gedanken sinnlich wahrnehmbar zu machen – und einer diffusen Empfindung Form zu geben. Sowohl der Gedanke wie die Empfindung werden durch Sprache überhaupt erst erfahrbar. Um einen andern ganz zu verstehen, müsste man "seine Sprache sprechen": seinen gedanklichen Horizont teilen wie auch sein Tun und Erleiden am eigenen Leib erfahren. Sabine Marienberg unternimmt im Ausgang von Hamann einen Ausflug in die aktuelle Qualia-Debatte, in die Diskussion um die unhintergehbaren subjektiven Erlebnisqualitäten und um die Möglichkeit, sie bewusst nachzuvollziehen. Ist das "Wie ist das?" oder "Wie fühlt es sich an?" des Erlebens überhaupt (mit)teilbar? Und wenn schon die „genaueste Lokalität und Individualität“ (Hamann) des Anderen uneinholbar scheint, haben wir wenigstens zu unseren eigenen Gedanken und Empfindungen einen privilegierten Zugang? Welche Rolle spielt dabei die Sprache? |
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Hamanns
Programm einer uncartesianischen Betrachtung von Sprache "Vernunft ist Sprache, Logos" – das ist eine der meistzitierten Äußerungen Hamanns. Der Magus hatte eine spezifische Vorstellung über das Verhältnis von Sprache und Kognition, die ihn in Gegnerschaft zu seinem rationalistischen Freund Immanuel Kant brachte, die ihn aber auch den Empirismus ablehnen ließ. Beide Orientierungen weisen der Sprache einen untergeordneten Stellenwert zu, was die Organisation menschlichen Denkens betrifft. Elisabeth Leiss zeigt, dass die Relevanz von Hamanns Philosophie für eine uncartesianische Konzeption von Sprache nicht überschätzt werden kann. Sie stellt dar, wie Gedanken für den Magus ein symbolisches Untersystem des Gesamtsystems Sprache sind. Sprache fasse er – wie im 20. Jahrhundert etwa auch die Philosophen Charles S. Peirce und Ludwig Wittgenstein – als den spezifisch menschlichen Teil von Kognition, der das Denken im strengen Sinn, die Produktion von Gedanken, erst möglich macht. Dabei ist die Sprache an die Welt und an den Körper gebunden. In programmatischer Umkehrung des "Cogito; ergo sum", des "Ich denke, also bin ich" Descartes’ leitet Hamann Sprache und Denken des Menschen aus der konkreten Existenz ab: "Est; ergo cogito". Weil die Welt ist und weil ich in ihr bin, denke und spreche ich – und meine Sätze enthalten Erkenntnis, Wissen von dem, was ist. |
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Ohne Wort, keine Verunft – keine Welt. Moderation: Dr. Susanne Schulte, Literaturwissenschaftlerin
PHILOLOG
Rezitation
NÄSCHEREY Musik * Martin Feifel musste kurzfristig absagen. Dankenswerterweise
springt Hannes Hellmann Bildnachweis: |
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